C.G. Jung Gesellschaft Berlin
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ZOOM Vortrag »Putin ist nicht Bessmertnyi. Er will nicht die Seele Europas stehlen. Ein russisches Märchen.«

26. März 2022 - 17:00 Uhr
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Referent: Gert Oskar Alexander Sauer

Gert Sauer (Freiburg) schreibt dazu:

Wer deutsche Märchen kennt, kennt auch die Gestalt des alten Königs, der seine Herrschaft nicht hergeben will. Ein Beispiel ist das Märchen „Von des Teufels drei goldenen Haaren“. Die alten – sich an ihre Macht klammernden -Könige können dabei bezogen werden auf alte kollektive Bewusstseinszustände, aber auch auf Organisationen und Staaten.

In den russischen Märchen gibt es die Gestalt des „Koschtschej Bessmertnyi“, von mir übersetzt mit den Worten „Unsterbliches Skelett“. Er will nicht sterben und raubt sich zu diesem Zweck junge Frauen, die jeweils mühsam vom Helden befreit werden müssen. Dabei hat Koschtschej seine Lebensenergie versteckt im Ei eines Vogels, im Nest auf einem unbekannten Baum über einem Abgrund. Während die gefangene Heldin dem Werben des „Unsterblichen“ widersteht, sucht der Held unter entsetzlichen Mühen nach jenem Nest, um das Leben Koschtschejs zu beenden und die Prinzessin zu befreien.

In Russland hat der klassische Historiker Karamsin eine Grundlage russischer Politik klassisch formuliert, sie lautet:  Ist Russland  schwach, versuchen Barbaren  es zu überfallen und sich Stücke daraus anzueignen: Zum Beispiel Mongolen, Polen, Schweden, Litauer, Türken, Deutsche, Tataren, Franzosen, ob sie Napoleon oder Hitler heißen;  das entsetzliche Leid, das die Deutschen mit 26,6  Millionen Toten, Terror und Zerstörung und Raub von allem Schönen angerichtet haben, rechtfertigt den Ausdruck „Barbaren“ nur zu sehr.
Marie -Luise von Franz erkannte, dass die Märchen Völkerträume sind, wenn sie kollektiv übernommen werden. Sie repräsentieren kollkektive Strukturen und kollektive Lösungsmöglichkeiten. Das Stehlen einer Geliebten – Seele – repräsentiert den Versuch einer kollektiven Struktur zu überleben, obgleich ihre Zeit abgelaufen ist. Die Befreiung der Geliebten durch einen Helden schildert nun das Hervortreten einer neuen Form. Der Heldenweg ist so Symbol
des Hervortretens einer neuen Struktur und eines neuen Bewusstseins.

50 Jahre meines Lebens waren geprägt durch den Kampf zweier alter Könige oder zweier Koschtscheijs. Des sowjetischen Bolschewismus und des amerikanischen Kapitalismus. Beide versuchten der Welt zu verkünden, sie seien die Zukunft – die Geliebte, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Das sowjetische bolschewistische Zwangssystem verstarb nach langer Agonie. Blieb der amerikanischer Kapitalismus mit seinem Anspruch auf Hegemonie und sein Schutzschild – die Nato. Trickreich wie sterbende Könige nun mal sind, versuchte dieser Koschtschej den Schild in ein aggressives Schwert umzuschweißen – aus der Verteidigung gegen den Bolschewismus wurde  plötzlich die Verteidigung aller demokratischen Freiheiten – und plötzlich sind wieder genügend Feinde da, unter anderem der junge Held Wladimir Wladimirowitsch Putin,  der dem alternden Koschtschej die neuen Kleider nicht abnimmt -siehe alle Interventionsländer der USA-  und sagt: Aber der ist doch ganz nackt, einseitige Hegemonie, um des eigenen Vorteils willen ist nicht mehr. Auch nicht in der Ukraine.

Zur Person:

Gert Oskar Alexander Sauer, Jahrgang 1942, Sohn einer russischen  Mutter und eines deutschen Arztes, verheiratet mit Rodtraud. Beide haben drei Kinder, 6 Enkelkinder und ein Urenkelkind.
Sie begründeten ein Kollegennetzwerk für die osteuropäische Kollegen zur Ausbildung in Jungscher Psychoanalyse und Synthese. Sie veranstalteten viele Seminare für Interessenten aus Deutschland, der Schweiz u. Frankreich angesichts der Unwissenheit über Russland und russische Geschichte und Kultur auf Schiffsreisen in Russland.
Geprägt wurde Gert S.  durch den Bombenkrieg in Berlin und Breisach, den Vernichtungskrieg gegen die Slawen in Osteuropa, den deutschen Antirussismus im  Krieg und im „Kalten Krieg“. Glücklicherweise hat er auch viele andere Erfahrungen….
Heute ist er in Deutschland Lehranalytiker und Dozent am C.G. Jung Institut Stuttgart.

Kostenbeitrag:
Für unsere Mitglieder und Kandidaten am C.G. Jung Institut Berlin ist die Teilnahme an der Veranstaltung kostenlos.

Gäste zahlen 8 €, Studierenden und Erwerbslose 6 € auf das Konto C.G. Jung Gesellschaft Berlin IBAN DE85 3006 0601 0001 4915 55
Anmeldung unter post@jungberlin.de

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