Vortrag und Diskussion: »Der Film Gundermann – ein Porträt ostdeutscher Mentalität«

14. Oktober 2022 - 19:00 Uhr
Evangelisches Kirchenforum Stadtmitte an der Parochialkirche, Klosterstr. 66, 10179 Berlin
Referent: Dr. Stefan Wolf (Berlin)

Unser Referent schreibt dazu:

Seit Jahren werfen die politischen Entwicklungen in Ostdeutschland Fragen nach ihren kollektiven psychologischen Ursachen auf. Kann die Analytische Psychologie hierzu einen Beitrag leisten? Der Vortrag erkundet dies am Beispiel des Films „Gundermann“ von Andreas Dresen, der es in seiner psychologischen und zeitgeschichtlichen Genauigkeit dem Zuschauer leicht macht, sich zu erinnern bzw. die Vergangenheit auf sich wirken zu lassen. In der Geschichte des Helden und seiner psychischen Verfasstheit verdichten sich kollektive psychische Grundmuster, die jungianisch gesehen als archetypisch bezeichnet werden können. Der Archetyp wird dabei mit Lesmeister (2020) als Agens verstanden, das auf gesellschaftlich-kultureller Ebene den Zeitgeist formt. An der Figur Gundermanns wird anschaulich, wie der Archetyp des ewigen Kindes, der für die DDR-Gesellschaft bestimmend war, im Leben des Einzelnen Gestalt annahm. Dies macht den Helden des Films in gewissem Maße zu einem exemplarischen Menschen dieser Zeit und Gesellschaft. Seine Prägungen bilden den kollektiven Erfahrungshintergrund, vor dem sich die ostdeutsche Gegenwart abspielt.

Zur Person:
Dr. phil. Stefan Wolf, Diplom-Psychologe, Psychoanalytiker (DGPT) in eigener Praxis. Dozent und Mitglied des C.G.Jung-Instituts Berlin. Veröffentlichungen zum Konzept des Selbst und zu kulturpsychologischen Themen. Gemeinsam mit Jens Preil Redaktionsleitung der Zeitschrift Analytische Psychologie.

Kostenbeitrag 12 / 10 / 8 € (Gäste/Mitglieder/Studierende und Erwerbslose)