Symposion Christa Wolf Teil II: »Auf den Spuren weiblicher Individuation und Frauenemanzipation«
10. Oktober 2021 - 11:00 Uhr
Evangelisches Kirchenforum Stadtmitte an der Parochialkirche, Klosterstr. 66, 10179 Berlin
Referent: Beate Kortendieck-Rasche, Dr. Sabine Kebir, Berlin
Annäherung II von 11 – 12:15 Uhr: Christa Wolf und der Weg weiblicher Individuation in ihren Erzählungen »Kassandra« und »Medea- Stimmen« | Vortrag
Die Referentin schreibt dazu:
„Bald, sehr bald, wirst Du ein Held sein müssen. Ja, hast Du gerufen. Und? An Deinen Augen sah ich, Du hast mich begriffen. Einen Helden kann ich nicht lieben. Deine Verwandlung in ein Standbild will ich nicht erleben.“ Zitat: Kassandra zu Aeneas in Ch. Wolfs Roman „Kassandra“.
In ihren Erzählungen »Kassandra« und »Medea-Stimmen« erzählt die Autorin die beiden alten Mythen neu aus einer weiblichen Sicht. Beide Protagonistinnen scheitern an den Bedingungen der patriarchal geprägten Gesellschaftsstruktur. Ich werde in meinem Vortrag mich diesen beiden Frauengestalten mit der Frage nähern, in wieweit sie emanzipierte Frauen sind, welche Wertigkeit das „Weibliche“ in Ch. Wolfs Erzählungen bekommt, und ob die Utopie einer Gesellschaft, in der die polaren Gegensätze von Weiblich/Männlich oder vielleicht besser Yin und Yan ausgeglichen wären, mehr Gerechtigkeit, Absage an Macht und Unterdrückung, Achtung der Naturbedingungen und einen neuen Inhalt für die Beziehung von Mann und Frau bringen würde. Grundlage bei meiner Reise in die Welt der Literatur sind die Analytische Psychologie und die Gedanken des Jung Schülers Erich Neumann mit seinen Forschungen zum Weiblichen und dem Ursprung des Bewusstseins.
Eine Kenntnis der Erzählungen ist nicht Voraussetzung, aber es lohnt sich wieder Christa Wolf zu lesen!
Zur Person:
Beate Kortendieck-Rasche ist niedergelassene Frauenärztin, arbeitet mit dem Sandspiel nach Dora Kaff und ist Paartherapeutin in Berlin. Sie begleitet werdende Mütter und Väter in der Schwangerschaft, indem sie mit ihnen über ihre Träume arbeitet. Seit vielen Jahren leitet sie zusammen mit Karin Langhammer das Traumseminar. Sie ist erste Vorsitzende der C.G. Jung Gesellschaft Berlin.
12:30 – 13 Uhr Diskussion in Kleingruppen
Annäherung III von 14:15 – 15:15: Frauenemanzipation im Vergleich DDR und BRD | Vortrag
Dr. Sabine Kebir, Berlin
Frauenemanzipation in beiden deutschen Staaten und ihre Folgen.
Die Referentin schreibt dazu :
Frauenemanzipation in der DDR und der Bundesrepublik verlief sehr verschieden, was bis heute Auswirkungen hat. Durch den 2. Weltkrieg wurden viele Frauen Familienoberhäupter und mussten Arbeit annehmen. Die Wirtschaft des rohstoffärmeren und industriell weniger entwickelten Ostens blieb von der Arbeitskraft der Frauen abhängig und ermöglichte ihnen Qualifikationen und Unterstützung für Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Im Westen entstand ein fordistisches Wirtschaftssystem, wo Männer genug verdienten, um eine Familie zu ernähren. So blieben konservative Familienmodelle erhalten. Frauenemanzipation entstand hier eher im Bürgertum, welches den Frauen ein Studium sichern konnte, die dann auf Kinder verzichteten – oft auch auf Partnerschaft mit unemanzipiert gebliebenen Männern. Geistige Umorientierungen erfolgten in der 68er Bewegung. Im Osten wurde den Frauen Doppelbelastung durch Beruf und Familienarbeit aufgebürdet, was sich in jüngeren Generationen durch zunehmende Mithilfe der Männer änderte.
So entwickelten sich auch unterschiedliche Haltungen in der Sexualität, der Kindererziehung, in der Einstellung zu Pornographie und Prostitution.
Im Vereinigungsprozess, aber auch durch kulturelle Einflüsse aus anderen europäischen Ländern, kam es auch im Westteil Deutschlands zur Modernisierung der Diskurse über Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Der Vortrag geht auch auf die Auseinandersetzungen in beiden Literaturen ein.
Zur Person:
Sabine Kebir ist 1949 in Leipzig geboren und in Berlin aufgewachsen. Sie promovierte an der Akademie der Wissenschaften der DDR zu Antonio Gramscis Kulturkonzeption und promovierte an der Universität Frankfurt/Main zu Gramscis Zivilgesellschaft. 1977-1988 unterrichtete sie an Universitäten in Algerien. Seitdem ist sie freischaffende Publizistin in Berlin. Ihre bekanntesten Bücher sind Monografien zu den Mitarbeiterinnen von Bertolt Brecht. 2016 erschien ´Frauen ohne Männer` über Elfriede Brüning, die für Frauenemanzipation in fünf politischen Systemen eintrat. Sie arbeitete an Theater- und Filmprojekten von Saddek Kebir. Beide verfassten Kinder- und Jugendbücher in mehreren Sprachen.
Teilnahmegebühr:
Teilnahme an beiden Tagen: 25/20/15 € (Gäste/Mitglieder/Studierende und Erwerbslose)
Tageskarte 20/18/8 € (Gäste/Mitglieder/Studierende und Erwerbslose)
Studierende am C. G. Jung- Institut/ Berlin haben freien Eintritt.
Für Teilnehmende gilt die 3 G Regelung, Maskenpflicht und Abstandsregeln. Eine Anmeldung über post@jungberlin.de ist empfehlenswert, da die Teilnehmerzahl begrenzt ist.
Die Veranstaltungen finden, sofern nicht anders angegeben, im Evangelischen Kirchenforum Stadtmitte an der Parochialkirche, Klosterstr. 66, 10179 Berlin, U Klosterstraße, U/S Jannowitzbrücke statt.